Pasubio Loop – auf den Spuren des Ersten Weltkrieges und des Memory Bike Adventures

Das Memory Bike Adventure ist eigentlich ein unsupportedes, mehrtägiges Gravel- und Bikepacking-Rennen. Die Strecke ist etwa 720 km lang und führt durch die Region Venetien, entlang bedeutender Schauplätze des Ersten Weltkriegs zwischen Österreich und Italien. Historische Orte wie den Monte Grappa, das Altopiano di Asiago, den Monte Pasubio und das Piave-Gebiet. Die Route ist technisch anspruchsvoll und führt durch abgelegene Gebiete mit begrenzten Versorgungsmöglichkeiten.

unser Tag 1 und 2 – Grafik der gesamten dreitägigen Tour am Ende der Seite

Etwa die Hälfte dieser herausfordernden Strecke wollten wir bei unserem Overnighter in drei Tagen zurücklegen.

Und die Hälfte der Hälfte 😂 sind wir abgefahren, haben uns dann vernünftigerweise entschieden, den zweiten Teil eine Woche später anzugehen. Mit dieser sehr fordernden Tour (vor allem Tag 1) wollte ich mich nicht völlig platt fahren so kurz vor meinem Start beim Taunus Bikepacking.
(am Ende findet ihr die Streckendaten, falls ihr drei Tage Zeit habt)

Tourenlänge: 170 km/ 6000 Hm

Ausgangspunkt/ Parken:   Carbonare. Es gibt mehrere Möglichkeiten, den Ort zu erreichen. a) Von Trient Süd der Beschilderung Vigolo Vattaro bzw. Folgaria folgen
oder b) über den Caldonazzo See oder c) spektakulär am Castel Beseno vor Rovereto vorbei. Eine kostenlose Parkmöglichkeit gibt es im Ort neben der Kirche oder wenn man von Süden kommt, gleich hinter der Kirche abbiegen und nach hundert Metern links oder bis ans Ende der Straße fahren.

Gelände: Forstwege, alte geschotterte Militärstraßen, Wanderwege, wenig Nebensträßchen

Radwahl: MTB

Zeit: unsere reine Fahrtzeit insgesamt betrug gut 20 Stunden

Strava: Tag 1 und Tag 2 ……

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Meine Tour auf Outdooractive

Beschreibung:

Wenn man, wie wir, die halbe Runde machen möchte, könnte man diese etwas günstiger aufteilen, wir waren am ersten Tag zu lange unterwegs. Anbieten würde sich die erste Nacht nach etwa 90 Kilometern vor dem letzten langen Anstieg, dann würde man es auch vermeiden den langen Single Trail im Dunkeln zu fahren.

Tag 1 (120km/ 4200 Hm)

Wir starten von Carbonare zeitig gegen halb sechs Uhr. Zunächst geht es recht gemütlich der Straße entlang bergauf. Nach 3 Kilometern hat man den Passo Sommo erreicht und rollt Richtung Folgaria. Davor, am Golfplatz, geht es ab und auf Schotter durch ein Biotop. Nach einem weiteren kurzen Asphalt-Intermezzo fahren wir auf einer alten Militärstraße zu unserem ersten höchsten Punkt nach 13 km.

Was uns hier erwartet ist ein Spektakel. Wir schieben etwas über 2 km durch die Forra del Lupo – die Wolfsschlucht. Die Forra del Lupo ist ein etwa 4,8 km langer, in den Fels gehauener Schützengraben, der von Serrada bis zum DossodelSommo (Werk Serrada) verläuft. Er wurde von der österreichisch-ungarischen Armee als Teil der Südfront errichtet und bietet heute einen thematischen Wanderweg mit spektakulären Ausblicken auf das Val di Terragnolo. (ChatGPT). Es ist manchmal ziemlich eng, Mensch und MTB haben kaum nebeneinander Platz.

Zurück auf Asphalt rollen wir hinunter nach Piazza im Val Terragnolo. Wir nutzen die Gelegenheit in der Osteria 33 unser Frühstück nachzuholen. Dann geht es weiter kurz Richtung Passo Borcola (hier musste ich bei meiner Northcape4000 drüber). Aber bald nach Piazza geht es rechts ab in den Talgrund und auf der anderen Seite wird es ernst. Ein langer Aufstieg von 26 Kilometern erwartet uns, zunächst einige Kilometer auf Teer, dann auf Schotter. Immer wieder geht es auch mal ein paar Meter abwärts, um die Beine rasten zu lassen. Dann etwas nachdem man in Sichtweite des Rifugio Vicenzo Lancia kommt fahren wir links ab und bald geht mit Fahren nichts mehr.

Schieben ist angesagt, etwa 1km auf einem Wanderweg. Dann geht es unterhalb eines Kammes auf einem Weg zwischen den Latschen, zwar eher flach, aber so, dass ich doch immer mal wieder schieben muss (die 3 Kilometer etwa sind mit S2 auf den Karten eingezeichnet). Nordseitig müssen wir auch einige Male durch den Schnee, der Weg ist ab und zu etwas ausgesetzt, unter uns sind steilere Schutthänge, so dass mir der Mut fehlt, diesen auf dem Sattel zurückzulegen.

Dann aber erreichen wir die Cappella ai Caduti, die an die Gefallenen des Ersten Weltkriegs erinnern soll. Kurz vorher passieren wir die Sette Croci.
Dieser Name bezieht sich auf eine nahegelegene Senke, in der die Brigade im Oktober 1916 schwere Verluste erlitt. Der Friedhof wurde während des Krieges angelegt und beherbergte 164 Einzelgräber, die jeweils mit Kreuzen markiert waren. Nach dem Krieg wurden die sterblichen Überreste in das Ossarium beim Passo Pian delle Fugazze überführt. Anstelle des Friedhofs wurde 1935 ein monumentaler Triumphbogen im römischen Stil errichtet, der heute als Gedenkstätte dient.

Nur noch wenige Meter und wir haben das Rifugio Achille Papa erreicht. Waren wir in der ersten Tageshälfte nahezu allein unterwegs, wimmelt es hier vor Wanderern und Mountainbikern. Wir müssen nicht lang diskutieren, schnell weiter fahren.

Die Aussicht auf die in die Tiefe führende Straße ist spektakulär. Die berühmte Strada degli Eroi verläuft entlang steiler Felswände und bietet beeindruckende Ausblicke auf das umliegende Gebirge. Der Weg ist teilweise in den Felsen gehauen und führt durch die Galleria d’Havet, einen Tunnel, der während des Krieges erweitert wurde. Die Straße selbst wurde 1922, nach dem Ende des Ersten Weltkriegs, angelegt, um die Gipfelregion des Monte Pasubio zu erschließen. 10 Kilometern rollen wir nun in vielen Serpentinen abwärts bis zum Passo Pian delle Fugazze.

Die Einkehrmöglichkeit direkt am Pass ist mäßig, aber es bleibt uns nichts anders übrig. Empfehlenswerter ist wohl die nächsten 7 Kilometer und 300 Höhenmeter zu überwinden und auf den Passo Campogrosso zu fahren und im  Rifugio Antonio Giuriolo einzukehren. Die Straße bis dorthin steigt angenehm und die schroffen Berggipfel der Carega Gruppe, die auch Piccole Dolomiti genannt werden, lässt die Mühen des Tages vergessen.

Die folgende Abfahrt bringt uns bald zu einem weiteren Highlight, dem Ponte Tibetano.

Der Ponte Tibetano AVIS ist eine beeindruckende Hängebrücke in den PiccoleDolomiti, die den Rifugio Campogrosso mit dem Passo Pian delle Fugazze verbindet. Sie wurde 2016 errichtet, nachdem eine Erdrutschung einen Abschnitt der historischen Strada del Re unpassierbar gemacht hatte. Die Brücke ist etwa 105 Meter lang und hängt in etwa 35 Metern Höhe über dem Boden. Sie besteht vollständig aus Stahl und ist mit Windseilen ausgestattet, um die Schwankungen zu minimieren.

Die Brücke ist ein beliebtes Ausflugsziel und es kann sein, dass man etwas warten muss, denn ein Aneinander-Vorbei-Schieben an Entgegenkommenden ist nicht möglich.

Wenige Kilometer hinunter und wir erreichen das Ossario del Pasubio. Es ist ein monumentales Beinhaus und Kriegsdenkmal, das an die zahlreichen Gefallenen des Ersten Weltkriegs in der Region Monte Pasubio erinnert. Es enthält die sterblichen Überreste von 5.146 italienischen und 40 österreichisch-ungarischen Soldaten, die am Pasubio und Umgebung gefallen sind.Das Ossarium symbolisiert die Härte und das Leid der Gebirgskämpfe an der italienischen Front im Ersten Weltkrieg – speziell zwischen 1916 und 1918.

Etwas dürfen wir unsere Beine noch rasten lassen bei der Abfahrt im Gelände. Etwa 12 Kilometer geht es nun in Auf und Ab hügelig weiter, manchmal auf Neben-Sträßchen, die zu kleinen Weilern führen, dann wieder über schmale Verbindungswege zwischen den Häuseransammlungen. Ab und zu muss man auch mal schieben.

Und dann geht es nur noch hoch. 10 Kilometer und 800 Höhenmeter müssen wir noch überwinden. Oben eine kurze Schiebestrecke zur Malga Campedello. Wir hätten hier sogar etwas zu essen bekommen und Wasserflaschen kaufen können, aber die Zeit drängt, die Sonne ist schon unter gegangen und wir wollten noch bei Tageslicht möglichst weit hinunter kommen.

Was uns aber jetzt bevorsteht, hatten wir uns so eigentlich nicht vorgestellt:
Hoch über dem Val d’Astico rollen wir auf einem sehr schmalem Weg im Stockdunkeln am steilen Berghang entlang. Im starr geradeaus leuchtenden Licht meiner Stirnlampe sehe ich zum Glück nicht, was rechts des Weges ist, ich vermeide tunlichst nach rechts zu schauen. Meist habe ich meinen linken Fuß nicht eingeklickt, um sofort reagieren zu können, wenn ich vom Weg abkommen sollte. Am nächsten Tag fragen wir uns beim Blick auf die gegenüberliegenden steilen bewaldeten Hänge, wo da bloß ein Weg durchführen konnte. Anfangs S2 (kam mir zwar nicht so vor) geht es weiter mit S1, dann leichter mit S0 und dann die letzten vielen Serpentinen ins Tal über einen Forstweg.

Im Talgrund, ein paar Meter vor Einmünden in die Straße gibt es eine Quelle. Die sollte man unbedingt nutzen, denn am nächsten Tag gibt es lange nichts.

Wir fahren kurz der Hauptstraße entlang und biegen vor Arsiero wieder ab. Ein paar Hundert Meter noch, dann gibt es rechterhand das Ristorante Da Irma Das hat natürlich schon Feierabend. Wir fragen, ob wir unser Zelt im Garten aufstellen dürfen. Wir dürfen.

Wir haben zwar unseren Primus-Kocher dabei, haben aber beide keine Lust mehr uns eine gefriergetrocknete Mahlzeit zu wärmen. Das war ein großer Fehler, im Nachhinein betrachtet.

Inzwischen ist es schon fast 23:00 Uhr. Dass wir für die gut 120 Kilometer so lange brauchen sollten, hatten wir uns so nicht vorgestellt. Aber es waren doch einige Schiebestrecken dabei.

Tag 2 (50km/ 1800 Hm)

Wir starten um halb sechs auf unsere nächste Tagesetappe. Im Ristorante gäbe es um 8:00 Frühstück, leider zu spät für uns.
Vor hatten wir die nächste Nacht nach weiteren 120 Kilometern kurz vor Asiago zu schlafen, aber daraus wurde nichts. Wir werden bei unserem Zwischenstopp beim Auto auf Halbweg entschließen, dass es genug für heute ist …

Gleich geht es steil hoch, etwa 7 km auf Asphalt, dann wieder auf einer alten Militärstraße. Die manchmal 10% und mehr tun ganz schön weh, haben wir doch mit dem Gepäck einiges an Gewicht zu schleppen. Die Motivation nach dem langen Vortag mit viel zu wenig zu essen schrumpft immer mehr.
Etwa 30km mit 1600 Höhenmetern geht es hoch. Die Gegend ist sehr einsam, Wasser gibt es auch keines, die wenigen Almen hier oben sind alle (noch?) geschlossen.
Die Bergwelt und Almenregion hier ist wunderschön und einsam. Wir sind hin- und hergerissen von Begeisterung und Demotivation, weil das Vorwärtskommen ohne Abendessen gestern und Frühstück heute scheinbar so langsam vonstattengeht.

Nach 22 km erreichen wir den Passo Coe. Unsere Rettung, hier gibt es an einem kleinen See eine Bar und für mich Lattemacchiato, Brioche und eine Cola. Folgaria ist nicht weit, aber an Abbruch denken wir hier noch nicht.

Am anderen Seeufer entdecke ich drei Gebilde, die wie Raketen aussehen. Meine Recherche ergibt, dass das drei originalgetreue Nike-Hercules-Raketen auf Startrampen sind.

Die Base Tuono war eine von zwölf Nike-Hercules-Raketenstellungen der italienischen Luftwaffe im Nordosten Italiens. In dem heutigen Freilichtmuseum wird die Geschichte der NATO-Luftverteidigung während des Kalten Krieges dokumentiert. Die Basis war von  1966 bis 1977 als Teil des NATO-Verteidigungssystems aktiv.

Die Raketen konnten sowohl mit konventionellen als auch mit nuklearen Sprengköpfen bestückt werden und dienten der Abwehr potenzieller Luftangriffe aus dem Osten während des Kalten Krieges.

Wir müssen weiter. Zum Glück können wir den Rest des Anstieges bequem auf der Straße zurücklegen.

Dann geht es weiter auf einem Singletrail, sehr nett zu fahren. Hermann war den Forstweg weiter gefahren, um den nächste Anstieg zu umfahren. Ich möchte auf unserem originalen Track bleiben und muss über einen wenig angenehmen Anstieg im Skigebiet bei Folgaria. Dann folgen einsame Almen. Eine Holzschranke mit viel Stacheldraht bremst mich. Was tun? Drüberheben ist nicht möglich. Es gibt aber einen sehr schmalen Wanderer-Durchschlupf, der aber um eine Ecke geht. Mit dem Rad kann ich da nicht durch. Ich komme glücklicherweise auf die Idee mein Rad hochkant auf das Hinterrad zu stellen und bewältige das Hindernis.

Bei der langen Abfahrt durch den Wald treffe ich wieder auf Hermann, der mir einige Kilometer entgegengefahren ist, bergauf.

Zusammen rollen wir nun durch Wiesen und Wälder hinunter nach Carbonare, wo wir beim Auto unsere Vorräte auffüllen wollen, um dann weiterzufahren.

Es ist schon 14 Uhr. Wir hatten bisher recht wenig Strecke gemacht, erst knapp 50 Kilometer bei 1800 Höhenmetern. Die Berechnungen ergeben, wenn es so weiter geht, schaffen wir die gesamte Runde bis zum Abend des kommenden Tages nicht. Die Wettervorhersage verspricht zwischendurch Regen. Hauptgrund für mich, es hier gut sein zu lassen ist aber, dass ich in der Woche drauf beim Taunus Bikepacking starten möchte und sich jetzt „platt“ zu fahren ist auch nicht ideal …

Einhellig kommen wir zum Entschluss, die fehlenden 1 1/2 Tage/ Streckenabschnitte ein andermal nachzuholen.

Wer sie fahren möchte, hier die GPX Daten aller drei Tage:

Tag 1 …. Tag 2 ….. Tag 3